CSU und SPD sind sich scheinbar einig: Gehwege sollen künftig nicht mehr der geschützte Raum für Kinder und Senioren, seh- und gehbehinderte Menschen, Eltern mit Kinderwagen, radfahrenden Kindern und allen anderen Fußgängern sein, wenn der sogenannte „Parkdruck“ das verlangt.

Mit „Alles bleibt, wie es ist“ meint der CSU-Mann, das illegale Parken soll weiterhin straffrei bleiben. Klingt für mich nach wenig „law and order“.

„Dramatisch“ scheint es für manche Menschen, wenn sie ihre privaten Autos nicht im öffentlichen Raum abstellen können, ohne ein paar Meter gehen zu müssen.
Das klingt im Jahr 2025 so verrückt und anachronistisch, dass man den Eindruck hat, solche Forderungen würden aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts stammen.
Behindertenbeirat und Fußgängerverband kritisieren das Gehwegparken verständlicherweise.


Soviel zur öffentlichen Debatte.
Rechtliche Einordnung
Eine Zusammenfassung der Rechtslage und Rechtssprechung ist in diesem ADAC-Video zu sehen:
Die derzeitge Situation in München: Nahezu alle Autofahrer, die ihre Autos auf Gehwegen abstellen, tun dies illegal. Es gibt nur wenige Gehwege, die für das Parken freigegeben sind.
Einer der Ausnahmefälle ist zum Beispiel die Senserstraße. Dort ist es erlaubt und schön zu sehen ist, was dabei herauskommt: Teils wird möglichst weit weg vom Fahrverkehr geparkt und dabei die Markierung ignoriert. Nutzbar sind dann auf dem Gehweg noch etwa 60 cm. Dieses Problem besteht potentiell immer, wenn Kraftfahrzeuge auf Gehwegen parken.

Und selbst wenn das Gehwegparken für Kraftfahrzeuge durch Beschilderung erlaubt ist, dürfen gemäß Anlage 3 der StVO keine Kraftfahrzeuge über 2,8 Tonnen max. zul. Gesamtmasse dort parken. Das betrifft neben Lkw mittlerweile viele Transporter, Camper und schwere Pkw-Limousinen. Aber wer kontrolliert das? Wie wird das Gewicht bestimmt? Jeder weiß, dass das Verbot in der Praxis dann keinen interessieren wird.
Ein weiteres Beispiel, wie viele hunderte Anwohnerstraßen Münchens ausschauen: die Joergstraße. Einseitig wird auf der Fahrbahn geparkt und auf der anderen Seite illegal auf dem Gehweg.

Gut zu sehen, dass die verbleibende Restbreite durch einen Elektrokasten weiter eingeengt wird.
„Früher war das auch kein Problem“
Häufig ist in dieser Debatte zu hören, dass das Parken in engen Anwohnerstraßen früher auch kein Problem gewesen wäre. „Früher“ bedeutet dabei: hundertausende Autos weniger in München und jedes einzelne Auto war im Durchschnitt einen halben Meter schmäler und kürzer sowie eine halbe Tonne leichter.

Mittlerweile (2025) gibt es in München über 900.000 zugelassene Kraftfahrzeuge.
Die Autos werden immer größer, die Fahrbahnen nicht:

Übrigens gab es früher auch deutlich weniger Menschen in München, die zu Fuß unterwegs waren. Wieso die Gehwege damals in dieser Breite gebaut wurden, wenn sie doch heute für die Gehwegpark-Befürworter zu breit erscheinen, kann mir niemand erklären. Heute gibt es sowohl mehr Menschen zu Fuß als auch ungenutzte Autos – und deshalb sollen Fußgänger etwas von ihrem geschützten Raum abgeben?
Die Verkehrsbehörde muss sich beim Anordnen von Gehwegparken an Regeln halten, wie die in der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO). Dort steht:
„Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt.“
Elektrorollstühle sind etwa 70 bis 75 cm breit, Kinderwägen haben eine Breite von ca. 45 bis 100 cm. Dazu kommen Fahrräder, die dort rechtmäßig abgestellt sind (Stichwort Gemeingebrauch) sowie verschiedene Straßen-Einbauten wie Elektroverteilerkästen, Parkscheinautomaten, Laternenmasten usw.
Deshalb soll in München derzeit Gehwegparken nur dann angeordnet werden, wenn grundsätzlich 2,50 Meter nutzbare Breite auf dem Gehweg verbleiben. Das möchten Reiter und Baumgärtner nun reduzieren. Auf wieviel genau, bleibt im Unklaren. Zu lesen ist von einer Breite von 1,6 m.
Vorschlag
Wir erinnern uns: die allermeisten Autos werden dort derzeit illegal geparkt und dieses illegale Parken wird bislang stadtweit überwiegend geduldet. Eine Rechtsgrundlage dafür gibt es nicht.
Mein Vorschlag:
- Gehwege bleiben als Schutzraum grundsätzlich allen Menschen außerhalb von Autos vorbehalten.
- Immer mehr Autos in München (= „Parkdruck“) sind kein Argument, um ein Platzproblem auf schwächere Verkehrsteilnehmer abzuwälzen. Private Dinge, private Probleme.
- Kann eine Restbreite von 2,5 m in einer Straße garantiert werden, muss das legale Gehwegparken im Einzelfall bei der Verkehrsbehörde beantragt werden. Keine generelle Überprüfung aller Straßen, da dies einen unverhältnismäßigen Aufwand in der Verwaltung verursacht.
- In allen anderen Straßen wird das illegale Gehwegparken nicht mehr geduldet. Es gibt hier schlicht kein Gewohnheitsrecht. In diesen Straßen gilt gemäß Bußgeldkatalog die Tatbestandnummer (TBNR) 112454: „Sie parkten verbotswidrig auf dem Gehweg.“
Wie die Verkehrsbehörde in München sich zu den Angriffen auf die Gehwege Münchens verhält wird sich zeigen. Man kann nur hoffen, dass sie im Interesse der Schwächsten Verkehrsteilnehmer streng im Sinne der Gesetze und Verordnungen handelt und der populistischen Eskalation keinen Raum gibt.
Quellen: Google, TZ, Abendzeitung, Fuss.ev, privat

